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This is Me
xxxx Lebenslauf von Lucien "Luc" Rousseau
Geboren am 12. Februar 2002 in Miami, Florida, wuchs Luc Rousseau in Coral Gables auf, einem Viertel, das nach außen hin alles versprach: Sicherheit, Stil, Erfolg. Seine Kindheit war geprägt von Designermöbeln, französischer Kunst und einem Pool, der nie wirklich benutzt wurde. Sein Vater, ein französisch-amerikanischer Unternehmer, sprach selten über Gefühle, aber oft über Pläne. Seine Mutter, Galeristin mit Hang zu Pastellfarben und kontrollierter Eleganz, liebte Ästhetik und verwechselte Leistung mit Liebe.
Luc war ein stilles Kind. Sensibel, musikalisch, ein bisschen zu weich für die Welt, in der man funktionieren musste. Er spielte Klavier, schrieb Gedichte, verlor sich in Farben und Formen. Doch je älter er wurde, desto mehr spürte er, dass seine Welt nicht seine war. Mit 15 begann er zu kiffen, nicht aus Rebellion, sondern aus Sehnsucht nach Stille. Mit 17 war er abhängig von Oxycodon. Später kam Heroin. Er verschwand aus Internaten, tauchte in Clubs auf, schlief in fremden Betten, manchmal auf der Straße. Seine Eltern zahlten Therapien, Anwälte, Entzüge, aber nie hörten sie wirklich zu.
Mit 21 landete Luc in einem staatlichen Programm. Nicht, weil er wollte. Sondern weil er nicht mehr konnte. Dort traf er jemanden, der ihn nicht retten wollte, nur sah. Seitdem kämpft er. Nicht um zurückzukehren, sondern um anzukommen.
Heute lebt Luc in einem Übergangswohnheim in Little Havana. Er ist clean seit elf Monaten, in Substitutionstherapie mit Methadon. Die tägliche Dosis holt er morgens in der Klinik, ein Ritual, das ihm Halt gibt. Er hasst den Geschmack, aber liebt die Routine. Es ist das erste Mal, dass sein Körper nicht gegen ihn kämpft.
Beruflich schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch ,Aushilfe im Secondhandladen, Flyer verteilen, manchmal hilft er beim Aufbau kleiner Ausstellungen. Er träumt von einer Ausbildung zum Kunsttherapeuten. Nicht, weil er sich für besonders begabt hält. Sondern weil er weiß, wie viel es bedeutet, wenn jemand zuhört, ohne zu urteilen.
Luc trägt meist Secondhand-Kleidung, verwaschene T-Shirts, Jeans, manchmal ein Hemd, das zu groß ist. Sein Körper ist schlank, fast schmal, mit feinen Händen und einem leichten Hohlkreuz. Er bewegt sich leise, vorsichtig, als würde er sich selbst nicht stören wollen. Seine Stimme ist sanft, aber mit einem rauen Unterton, vom Rauchen, vom Leben. Sein Blick fragt, bevor er spricht. Auf seinem Schlüsselbein steht tätowiert: „Je suis encore là.“ Ich bin noch da.
Seine Beziehungen sind komplex. Sein Ex-Freund war ein Dealer, älter, manipulativ. Luc hat sich selbst daraus befreit, nicht durch Drama, sondern durch Stille. Seine Mutter schickt manchmal Geld, aber keine Worte. Sein Vater schweigt, als wäre Schweigen Erziehung. Sein Freundeskreis besteht aus anderen aus dem Programm, und einem Sozialarbeiter namens Luis.
Luc war früher beliebt, aber nie ganz Teil der Gruppe. Er war der Junge mit dem melancholischen Blick, der gute Aufsätze schrieb und sich im Kunstunterricht verlor.
Luc hat viel Zeit auf der Straße verbracht. Couchsurfing bei Cindy, später bei einem älteren Dealer. Zwei Monate in einem Motel in Hialeah, bezahlt durch kleine Diebstähle. Ein halbes Jahr unter Brücken, in leerstehenden Gebäuden, oft in Downtown Miami. Kurzzeitige Unterbringung in einem christlichen Reha-Zentrum, abgebrochen nach drei Wochen. Die Tage verschwammen. Morgens: Entzug, Zittern, Suche nach Geld. Mittags: Parks, andere Konsumenten. Abends: Musik, wenn er konnte, alte Kopfhörer, ein kaputtes Handy, Radiohead, James Blake, Lana Del Rey. Nächte: Unruhig, oft wach, oft high, oft allein.
Er fühlte sich wie ein Geist, der durch die Stadt schwebt. Sprach mit sich selbst, schrieb Gedichte auf Pizzakartons, verlor den Überblick über Tage und Namen. Er hatte einen Stoffbären aus Kindertagen, René, den er wegwarf und später suchte. Er träumte oft von Wasser. Von einem See, in dem er versinken konnte.
Mit 16 entdeckte Luc, dass er adoptiert wurde. Durch Zufall. Ein Brief in der Schreibtischschublade seiner Mutter, adressiert an „die Adoptiveltern von Lucien “. Die Reaktion: Verdrängung, dann Wut. Er fühlte sich betrogen, fremd, wie ein Kunstwerk mit falscher Signatur. Es folgten Rückzug aus der Familie, Drogen als Selbstbestrafung und Suche nach Kontrolle. Neue Kreise: ältere Jungs, Dealer, Leute, die ihn „L“ nannten, nicht Luc. Verlust des Vertrauens in jede Form von Bindung.
Er fragte sich: Bin ich echt? Wollte mich jemand nicht? Bin ich nur ein Projekt? Was ist, wenn ich nie dazugehört habe, nirgendwo?
Später fand er seine leibliche Mutter: Claire Monroe, heute Claire Bennett, wohnhaft in Sarasota, verheiratet mit einem Zahnarzt, zwei Kinder, PTA, Yoga, Instagram mit Pastellfiltern. Luc kontaktierte sie per E-Mail: „Ich glaube, Sie sind meine Mutter.“ Die Antwort kam spät. Und war knapp: „Bitte kontaktieren Sie mich nicht mehr. Ich habe eine Familie, die davon nichts weiß.“
Was das mit Luc machte? Er fühlte sich wie ein Schatten, den man aus dem Bild geschnitten hat. Er begann zu zweifeln, ob er überhaupt existieren darf. Er fragte sich, ob er je geliebt wurde oder nur abgegeben. Er wollte nicht wütend sein. Aber er war es. Und er wollte nicht zurück zu Heroin. Aber die Leere war laut.
Der Entzug war brutal. Öffentliche Einrichtung in Miami-Dade, Neonlicht, Plastikmatratzen, das Summen der Klimaanlage. Zehn Tage stationär, dann ambulant. Symptome: Schwitzen, Zittern, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Halluzinationen, Panikattacken. Schmerz in den Knochen, als würde der Körper sich selbst ausradieren. Tag 3: Er wollte fliehen, stand barfuß im Flur. Tag 5: Er weinte zum ersten Mal seit Jahren, nicht wegen des Schmerzes, sondern weil niemand kam. Tag 8: Ein Pfleger namens Miguel setzte sich zu ihm und sagte: „Du bist nicht kaputt. Du bist nur müde.“
Luc hielt durch. Nicht aus Willenskraft. Sondern aus Trotz. Er wollte nicht sterben, weil das zu einfach gewesen wäre. Er wollte leben, um zu zeigen, dass man ihn nicht löschen kann.
Cindy schickte ihm eine Nachricht: „Wenn du’s schaffst, komm ich vorbei und bring dir deine alten Kopfhörer.“ Er schaffte es. Sie kam. Die Musik war leise, aber sie war da.
Heute schreibt Luc wieder. Kleine Sätze auf Papierfetzen: „Ich bin nicht mein Fehler.“ „Ich war mal ein Kind.“ „Ich will nicht zurück.“
Luc ist schwul. Aber er hat es sich lange nicht erlaubt. Nicht, weil er es nicht wusste, sondern weil er dachte, er hätte kein Recht auf Liebe, solange er sich selbst nicht lieben konnte. In der Schule war er heimlich verliebt in Luis, den älteren Bruder von Jasper. Er schrieb ihm einen Brief, zerriss ihn aber, bevor er ihn abschickte. Er hörte Troye Sivan auf dem Klo, mit Kopfhörern, leise, als wäre es verboten.
Während des Konsums war Sex oft Mittel zum Zweck, Nähe gegen Drogen, Wärme gegen Kälte. Er hat sich benutzt gefühlt. Und manchmal hat er sich selbst benutzt. Er sagt heute: „Ich war nicht promiskuitiv. Ich war verloren.“
Jetzt ist er vorsichtig. Er flirtet nicht. Aber wenn jemand ihn wirklich sieht, ohne Mitleid, ohne Gier dann taut er auf. Und dann ist er zärtlich, ehrlich, fast kindlich in seiner Sehnsucht.
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